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Werden wir immer älter?

Aktualisiert: 27. Nov. 2020

Ein Thema, welches mich schon länger beschäftigt, ist die Geschichte mit dem Älterwerden. Statistisch steigt die Lebenserwartung ständig und ich erlebe an mir selbst, wie wir später zu den Greisen gezählt werden als früher. Kürzlich habe ich nach einem Vortrag eines Geriaters (Spezialist für Altersmedizin) mit ihm am selben Tisch diskutiert. Dabei haben wir herausgefunden, dass wir beide überzeugt sind, dass diese Entwicklung sich nicht ständig fortsetzen wird. Wieso kamen beide zum selben Schluss? Die heutigen über 90- und 100- Jährigen wurden in den Jahren um den ersten Weltkrieg und dessen Nachkriegszeit geboren. Die Kindersterblichkeit war noch deutlich höher als heute, d.h., wenn man die ersten Jahre überlebt hat, hatte man schon eine bestimmte Robustheit bewiesen. Sie alle hatten einen völlig andern Start ins Leben als die heutigen Jugendlichen. Kein Essen im Übermass, keine bequemen Fortbewegungsmittel, körperliche Arbeit war an der Tagesordnung. Längere Strecken mussten zu Fuss oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden. Von heute aus betrachtet lauter gesundheitsförderndes Verhalten, durch die äusseren Umstände aufgezwungen. Heutzutage bräuchte es eine eiserne Disziplin, um ähnlich gesund zu leben. Jene, welche auch die Zeit des zweiten Weltkrieges miterlebt haben, sind wiederum mit aufgezwungenen Entbehrungen ohne die heutigen Risikofaktoren erwachsen geworden. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung kam auch gleichzeitig der medizinische Fortschritt. Mit oft teuren Medikamenten können diese Risikofaktoren heute behandelt werden, andere Therapien und Betreuungen sorgen dafür, dass Altersgebrechen sich weniger auswirken und ein längeres Leben möglich ist.

Im Gegensatz dazu wächst jetzt in der westlichen Welt eine Generation heran, die ein bisher einmaliges Experiment wagt: Noch nie hat sich eine derart grosse Zahl von Leuten so wenig bewegt, noch nie hat das Durchschnittsgewicht derart zugenommen und wir frönen einem Lebensstiel, von dem wir wissen, dass er wahrscheinlich nicht gesund ist. Das alles führte uns beide zur Ansicht, dass die Auswirkungen davon nicht auf sich warten lassen werden. Bereits gibt es zunehmend viele übergewichtige Jugendliche, die an einem sogenannten Typ II – Diabetes leiden, früher auch Altersdiabetes genannt. Die Folgen dieser Erkrankung können durch Medikamente und Therapien nur hinausgezögert, aber nicht zum Verschwinden gebracht werden. Die Bewegung ist erwiesenermassen das wirksamste Mittel gegen die so genannten Zivilisationskrankheiten. Jedoch nur ein kleinerer Teil der Bevölkerung kann oder will davon Gebrauch machen. Statistisch gibt es auch bereits Hinweise darauf, dass z.B. in Teilen der USA die Lebenserwartung sinkt. Aus Erfahrung hinken wir dieser Entwicklung meist 1-2 Jahrzehnte hintendrein. Wie lange können wir uns die medizinischen Therapien dieser Zivilisationskrankheiten leisten? Wie die Zukunft wirklich aussehen wird, wird sich weisen. Nur sollten wir uns nicht zu lange schönen Illusionen hingeben.


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